EU-Parlament stimmt für Greenwashing: Neue Gas- und Atomkraftwerke werden zukünftig als "nachhaltig" gelabelt
Am 6. Juli 2022, hat die Mehrheit der Abgeordneten des Europäischen Parlaments sich leider deutlich dafür ausgesprochen, dass Erdgas und Atomkraft als "nachhaltig" in der EU-Taxonomie eingestuft werden. 328 Mitglieder stimmten für den sogenannten delegierten Rechtsakt, den die EU-Kommission gegen den Rat ihrer eigenen Expertengruppe für nachhaltige Finanzen Anfang des Jahres veröffentlicht hatte. 278 Parlamentarier:innen stimmten dagegen. 33 Mitglieder enthielten sich und 66 waren nicht anwesend. Es hätte einer qualifizierende Mehrheit aus 353 Stimmen gegen den unsinnigen Plan der EU-Kommission bedarft. Damit opfert das EU-Parlament die Glaubwürdigkeit der EU-Taxonomie – wir erwägen rechtliche Schritte gegen den delegierten Rechtsakt der EU-Taxonomie für Erdgas.
Das EU-Parlament hat heute das Ausbremsen der europäischen Energiewende und der ökologischen Transformation beschlossen. Die Abgeordneten hatten die Chance, den sogenannten delegierten Rechtsakt zur EU-Taxonomie abzulehnen, der die Aufnahme von fossilem Erdgas und hochriskanter Atomkraft in die EU-Taxonomie vorsieht. Wie zuvor die Kommission ignoriert das EU-Parlament Wissenschaft und breite Öffentlichkeit.
Die EU-Taxonomie verleiht somit Erdgas und Atomkraft ein "grünes" Etikett, trotz der hohen klimaschädlichen Emissionen von fossilem Gas und der radioaktiven Abfälle, die bei der Atomkraft entstehen. Dies birgt die Gefahr, dass die Finanzierungskosten dieser schädlichen Energiequellen sinken, und damit der Ausbau erneuerbarer Energien wie Wind- und Solarenergie blockiert wird.
Das ist eine große Enttäuschung für uns alle! Das EU-Parlament schafft die Grundlage für strukturelles Greenwashing. Erdgas und Atomkraft sind nicht nachhaltig. Private Anlegerinnen und Anleger werden nicht in 'nachhaltige' Produkte investieren wollen, die das Taxonomie-Label tragen. Den Finanzinstituten hilft die Taxonomie in dieser Form nicht, weil sie keine Klarheit und Eindeutigkeit mehr verspricht. Die EU hat ein Kernstück ihres Green Deals und der notwendigen Transformation für kurzfristige politische Interessen geopfert. Sie zeigt damit auch klar, dass eine wirkliche Strategie für die Einbindung des Finanzsystems als tragende Säule der Transformationsziele nicht besteht oder verfolgt wird.
Dieser delegierte Rechtsakt ist nicht mit der Grundidee der Taxonomie vereinbar, und deshalb werden wir zusammen mit anderen Organisationen prüfen, als letztes Mittel vor Gericht zu ziehen, um Greenwashing zu stoppen und die Glaubwürdigkeit der gesamten EU-Taxonomie zu schützen - und fordern die Mitgliedstaaten und die Europaabgeordneten auf, dasselbe zu tun. Artikel 19 der EU-Taxonomie schreibt vor, dass die Kriterien auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen, keine Sonderbehandlung für bestimmte Technologien vorsehen und leicht überprüfbar sein müssen. Die Kriterien für Erdgas in der neuen delegierten Verordnung verstoßen jedoch gegen jede dieser Anforderungen und sind daher nicht mit der Taxonomie-Verordnung vereinbar.
Wir möchten uns bei allen Menschen bedanken, die für ein besseres Ergebnis in den letzten Wochen gekämpft haben. Nur über uns allein wurden über 29.700 Protest-Mails an die deutschen Abgeordneten des Europäischen Parlaments verschickt. Das wir so vielen Menschen dabei helfen konnten, sich politisch zu so einem wichtigen Thema zu engagieren, macht uns trotz des Ergebnisses stolz. Denn es zeigt, wie vielen Menschen Klimaschutz und Energiewende wichtig sind, selbst bei so komplexen Themen wie der Taxonomie. Und wir hoffen, dass all diese Menschen – und jeden Tag mehr – nicht aufgeben. Wir haben zwar heute einen harten Rückschlag erlitten. Aber es stehen noch viele weitere wichtige politische Entscheidung an, um unser Klima und unsere Lebensgrundlage zu retten.
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