Am 13. September 2022 hat das EU-Parlament sich bei einer Abstimmung für ein starkes EU-Waldschutzgesetz ausgesprochen: ein wichtiger Meilenstein für den Naturschutz, die Artenvielfalt und den Klimaschutz. Die EU-Parlamentarier:innen haben verstanden, dass die Naturzerstörung im Zusammenhang mit dem globalen Handel der EU keine Zukunft haben darf. Zivilgesellschaft, Verbraucher:innen und Unternehmen haben Grund zur Hoffnung auf ein EU-Gesetz, das den Konsum von Produkten verhindert, die den bitteren Nachgeschmack von Naturzerstörung und Menschenrechtsverletzungen hinterlassen. Ein entscheidender Schritt im Kampf gegen die Entwaldung, bei dem die Hilfe der WWF-Unterstützer:innen wieder einmal enorm wichtig war!

1,4 Millionen Bürger:innen, über 80 Unternehmen und 200 NGOs wurden gehört!

Together4Forest © Nina Neuscheler / ROBIN WOOD
Together4Forest © Nina Neuscheler / ROBIN WOOD

Das Parlament folgte in seiner Abstimmung großteilig den Empfehlungen des Umweltausschusses und nicht der abgeschwächten Position der EU-Kommission. Die Parlamentarier:innen positionieren sich damit in vielen wichtigen Punkten im Sinne von mehr als 1,4 Millionen Europäer:innen, 200 NGOs und mehr als 80 Unternehmen, die im Rahmen der Initiative #Together4Forests ein starkes EU-Gesetz zum Stopp der von der EU verantworteten Entwaldung – und damit auch für den Klima- und Artenschutz fordern. Seit mehr als zwei Jahren setzt sich #Together4Forests mit aufmerksamswirksamen Aktionen dafür ein, dass die EU den traurigen Titel des „Vizeweltmeisters der Waldzerstörung" weltweit verliert. Denn der EU-Konsum ist für 16 Prozent der Abholzung der Tropenwälder verantwortlich, die durch den internationalen Handel mit Rindfleisch, Soja, Palmöl, Kautschuk, Mais, Holz, Kakao, Kaffee und den daraus hergestellten Produkten verursacht wird.

"Es wäre der Beginn einer neuen Zeitrechnung, wenn der Gesetzentwurf so wie er ist, durch den Trilog käme. Wir fordern die Bundesregierung deswegen auf, sich weiterhin für ein starkes EU-Gesetz gegen Entwaldung einzusetzen."

Susanne Winter, Programmleiterin Wald WWF Deutschland

Die Erfolge: Hier unterstützt das EU-Parlament die Forderungen von #Together4Forests

Was genau kann an der Abstimmung des EU-Parlaments als Erfolg gewertet werden?: 

  1. Die zu enge Definition: „Waldschädigung“ soll sich nicht nur auf die Schädigung von Primärwäldern (sprich alten, vom Menschen weitestgehend unberührten Wäldern) beziehen, sondern auch auf andere Wälder und alle anderen bewaldeten Flächen.
     
  2. Die Produktpalette wurde erweitert auf Rohstoffe und Produkte, die maßgeblich zu Entwaldung, Degradierung und Umwandlung von Ökosystemen beitragen, einschließlich Schaf-, Ziegen-, Schweinefleisch und Geflügel, Palmöl, Palmölderivate, Kautschuk, Mais, Holzkohle und Druckerzeugnisse. Das Gesetz muss von Anfang an für alle Rohstoffe und Produkte, die mit Entwaldung zusammenhängen, gelten. Insbesondere sollte das Gesetz auch für alle Holzprodukte gelten.
     
  3. Das Parlament hat dafür gestimmt, den Finanzsektor mit in die Verantwortung zu nehmen. In der EU ansässige Finanzinstitute müssen rechenschaftspflichtig sein und eine Sorgfaltsprüfung durchführen, um die Finanzierung der Zerstörung von Wäldern und Ökosystemen und damit zusammenhängende Menschenrechtsverletzungen zu verhindern.
     
  4. Wirksame Durchsetzung: Die zuständigen Behörden in allen Mitgliedstaaten sollen einen Mindestprozentsatz an Kontrollen bei Marktteilnehmern und Händlern durchführen, und zwar auf allen Risikoebenen.

Die Schwachstellen: Hier bleibt das EU-Parlament hinter den Forderungen zurück

Wichtige andere Ökosysteme werden weiterhin nicht geschützt, wordurch der Druck auf andere Landschaften erhöht wird. Auch wenn das Gesetz nach den Vorstellungen der Parlamentarier:innen Wälder bis hin zu Buschland schützen soll, werden die für Artenvielfalt und Kohlenstoffbindung extrem wichtigen natürlichen Ökosysteme wie Torfmoore, Feuchtgebiete und Grasland weiter nicht betrachtet. Diese Landschaften sind durch die Expansion von Landwirtschaft massiv bedroht. Durch ihr Fehlen im Gesetzestext können Verlagerungseffekte auftreten. Die landwirtschaftliche Produktion weicht von Landschaften in denen der Anbau untersagt ist auf andere Landschaften aus, Rohstoffe werden zunehmend auf diesen Flächen angebaut.

So geht es jetzt weiter:

Entwaldung im kolumbianischen Amazonas © Luis Barreto / WWF UK
Entwaldung im kolumbianischen Amazonas © Luis Barreto / WWF UK

Jetzt gilt es, das Ambitionsniveau der EU-Parlamentarier:innen zu halten. In den kommenden Wochen muss die Position des Parlaments gegen die europäischen Länderregierungen verteidigt werden. Deren Position zu dem Entwurf der EU-Kommission beinhaltete im Juni 2022 so viele Schlupflöcher, dass er de facto nicht dafür geeignet ist, unsere Lieferketten entwaldungsfrei zu halten. Die parlamentarische Abstimmung zu bekräftigen und zu unterstützen ist deshalb unbedingt erforderlich. Alles andere wäre eine Absage an den Klimaschutz und das EU-Versprechen in Glasgow: In der Waldschutz-Deklaration der Glasgower Klimakonferenz hatten sich 2021 über 140 Staats- und Regierungschefs ein Ende des weltweiten Waldverlusts bis 2030 zum Ziel gesetzt. Durch die importierte Entwaldung verursachte die EU im Jahr 2017 116 Millionen Tonnen CO2-Emissionen.

Weitere Informationen:

  • Erkundungsteam der Uru Eu Wau Wau auf dem Jamari Fluss © Marizilda Cruppe / WWF-UK Gemeinsam für den Wald: Indigene Territorien schützen

    Der WWF Deutschland stellt sich mit seinem größten Projekt in Südamerika an die Seite der indigenen und traditionellen Völker in Brasilien: Ein Bündnis für den Wald! Weiterlesen...