Zwischen dem 15. und 28 Juli 2021 haben wir gemeinsam mit über 46.700 Menschen aus Deutschland für eine zukunftsfähige Reform der EU Fischerei-Kontrollverordnung protestiert. Unser Ziel ist es, dass die durch Mangel an Kontrollen entstandenen rechtfreien Räume auf Europas Meeren verschwinden. Dadurch würden bedrohte Arten wie Schweinswale, Delfine und Meeresschildkröten systematisch und langfristig besser vor Beifang geschützt. Genauso würde die grassierende Überfischung der Meere der EU deutlich eingeschränkt und das Fischereimanagement grundsätzlich nachhaltig verbessert.
Leider haben sich am 28. Juli 2021 die weniger ambitionierten Mitgliedstaaten der EU durchgesetzt, darunter auch Deutschlands Vertreterin Bundesagrarministerin Julia Klöckner. Statt die Gemeinsame Fischereipolitik der EU endlich auch real durchzusetzen, öffnet der Entschluss der Fischerei-Minister:innen noch mehr Schlupflöcher in denen "schwarze Schafe" weiterhin unkontrolliert gegen Recht und Ordnung verstoßen könnten. Wird dieser Vorschlag in den kommenden Verhandlungen mit der EU-Kommission und dem Europaparlament nicht deutlich verbessert, so werden Überfischung, illegale Fischereimethoden und der Beifang bedrohter Arten auch für die kommenden zehn bis 15 Jahre Alltag in Europas Meeren bleiben.
Für mehr Details zur Entscheidung der EU Minister:innen hier unsere Pressemitteilung.
Noch ist die Reform der EU Fischerei-Kontrollverordnung aber nicht final! Und dies gibt uns ein wenig Hoffnung. Denn nun beginnt der Trilog zwischen EU-Kommission, -Parlament und -Minsterrat, in dem ein finaler Gesetzestext zwischen diesen Institutionen ausgehandelt wird.
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Schweinswale vorerst weiterhin durch Beifang bedroht
Ein besseres, ein zukunftsfähigeres Ergebnis als das der EU-Minister wäre wünschenswert. Denn der Schweinswal ist die einzige Walart vor Deutschlands Küste. Und es steht nicht gut um sie: In der zentralen Ostsee sind sie vom Aussterben bedroht – dort leben nur noch ca. 500 Tiere! Ihre größte Bedrohung sind Fischernetze, in denen sie sich unbeabsichtigt verfangen und sterben.
Sogenannter Beifang ist nicht nur für die letzten Schweinswale ein großes Risiko: Tausende Delfine, Meeresschildkröten, verschiedene Hai- und Rochenarten sowie diverse Seevogelarten und sogar Pottwale verenden Jahr für Jahr in Europas Fischernetzen.
Die Überfischung von Europas Meeren wird nicht weniger
Die Bedrohung dieser Arten wird noch verstärkt durch die fortwährende Überfischung in Europa. Jeder zweite Fischbestand in den europäischen Meeren ist überfischt. Im Mittelmeer sind es 83 Prozent, mit extrem hoher Dunkelziffer. Und in der Ostsee ist es besonders dramatisch: Hier sind sieben von acht kommerziell genutzten Fischbeständen wie Dorsch und Hering überfischt.
Dadurch werden die Bestände immer kleiner, sind dadurch immer schlechter vor Krankheiten und anderen Stressfaktoren geschützt und verschwinden im schlimmsten Fall – und damit auch die Nahrungsquelle für viele Tierarten und auch für uns Menschen.
Gesetz ohne Kontrolle
All dies wäre vermeidbar. Und sollte längst der Fall sein. Denn seit 2013 hat Europa ein nachhaltiges Fischereigesetz (Gemeinsame Fischereipolitik, GFP). Leider nur auf dem Papier. Denn die Einhaltung des Fischereigesetzes wird gerade einmal auf 1,8 Prozent aller Fahrten der deutschen Fischereischiffe kontrolliert. Wie viel und welcher Fisch wird wirklich gefangen? Wie viele Schweinswale oder Meeresschildkröten enden als Beifang? Dies kann derzeit niemand sagen.
Was ist ein Gesetz wert, das nicht durchgesetzt wird?
Am 28. Juni 2021 stimmten die verantwortlichen Minister:innen der EU-Länder über ein weiteres Gesetz ab: Die Fischerei-Kontrollverordnung. Dieses Gesetz entscheidet darüber, wie die Regeln zum Schutz unserer Meere auch kontrolliert und eingehalten werden, und ob Europas Meere weiterhin rechtsfreie Räume bleiben.
Für Deutschland stimmte Ministerin Julia Klöckner ab. Leider hat sie sich an die Seite der weniger ambitionierten EU-Mitgliedsländer gestellt.
Das Ambitionsniveau des EU-Rates ist in seiner Mehrheit erschütternd niedrig. Das ist ein Trauerspiel, denn mit der Einschränkung belastbare Kontrollen nur auf Fangschiffen über 24m Länge und hohem Risiko für illegale Rückwürfe zu installieren, greift die Fischereikontrolle am Problem vorbei ins Leere. Beifang und damit das erhöhte Risiko für illegale Rückwürfe von Fisch besteht gerade bei den Fischereien, die von zehntausenden kleineren Fangschiffen betrieben werden. Monitoring mit Hilfe neuester digitaler Technologie ist das einzige wirksame und verfügbare Instrument das Fischereimanagement zu verbessern, dafür müssen aber auch die Risikofischereien erfasst werden. Das sieht der Ratsvorschlag nicht vor. Die EU muss dafür sorgen, dass die Meere nicht länger als rechtsfreier Raum wahrgenommen werden!
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Foto: © Solvin Zankl / Alamy_Stock_Photo / WWF